Von den Gegensätzen

Volontärin Julia Helfer berichtet von ihrem Besuch in Managua, der Hauptstadt Nicaraguas.

Um mir eine neue Jeans zu kaufen bin ich letztes Wochenende nach Managua in ein Einkaufszentrum gefahren. Als ich zum ersten Mal mit dem Bus durch Managua gefahren bin, habe ich versucht, mit großen Augen so viele Eindrücke wie nur möglich aufzusaugen und in meinem Kopf zu sortieren. Hier trifft Arm auf Reich, die Hochhäuser der Bankzentren ragen prächtig über den einfachen Hütten aus Wellblech und Lehm heraus. An der Ampel laufen Kinder auf und ab, um ein bisschen Geld für Essen zu ergattern, ein Mann putzt für ein lächerliches Trinkgeld die Scheibe des dicken BMWs und eine Verkäuferin versucht lauthals ihre Ware loszuwerden, bevor die Ampel auf Grün schaltet und die Autos weiterfahren.
 
Noch vor vier Monaten wäre ich wie selbstverständlich durch das große Einkaufszentrum gelaufen. Doch jetzt war es auch für mich wie eine andere Welt. All die Läden mit den leuchtenden Schaufenstern, überall Plakate, die die Menschen anwerben, ihre Luxusartikel zu kaufen. Nur vereinzelt sind andere Menschen zu sehen. Ich habe mich an das einfache Leben so gewöhnt, dass für mich alles so ungewohnt erscheint. Ein komisches Gefühl macht sich in mir breit, als ich einen Laden betrete. Schnell suche ich mir eine Hose, bezahle sie und verlasse den Laden wieder, ohne auch nur einen Blick auf die anderen Sachen zu werfen.

Ich frage mich, ob ich den Luxus wirklich brauche, und mir wird bewusst, wie schnell ich mich an das Leben ohne gewöhnt habe. Und ich bin mir sicher, dass der Druck, immer der Bessere zu sein, immer ein bisschen mehr zu besitzen, als die Anderen, immer ein größeres Auto oder das neueste Handy zu haben, der ständige Vergleich, sicher nicht glücklich macht. Draußen werde ich schnell wieder von der Realität der Armut eingeholt. Ich bin jeden Tag aufs Neue dankbar im wohlgenährten Deutschland geboren worden zu sein und gleichzeitig macht sich in mir ein schlechtes Gewissen breit. Wo bleibt die Gerechtigkeit? Warum hatte ich das Glück und der Junge, der am Straßenrand sitzt und mit ein paar Bällen jongliert, um etwas Geld zu verdienen, nicht?  Warum haben wir alles und noch viel mehr, was man zum Leben braucht, und die meisten Menschen hier nur das Nötigste? Fragen, die mir immer wieder in den Sinn kommen.

(Julia Helfer, Volontärin)

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