Annika in Belgien
Annika, du hast 17 Internatskinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren betreut. Wie sah dein Tag aus?
Morgens habe ich die Kinder geweckt und mit ihnen gefrühstückt. Anschließend gingen die Kinder an externe Schulen, wodurch ich meine Vormittage mit anderen Projekten verbringen konnte. Nachmittags habe ich immer zwei Mädchen zu Fuß von der Schule abgeholt und dann im Internatshof mit allen Kindern gespielt. Nach dem sogenannten Goûter – einer kleinen Stärkung durch Kuchen, Croissants und ähnlichem – habe ich mit ihnen Hausaufgaben gemacht und die Freizeit verbracht bis zum Abend. Vor dem Schlafengehen haben wir oft in der ganzen Gruppe gespielt, gebastelt oder einen Filmeabend veranstaltet. Ich habe die Kinder also in ihrem Alltag begleitet – vom Aufstehen bis zur Gutenachtgeschichte.
Gab es einen Moment, der dich besonders berührt hat?
An einen Abend erinnere ich mich gut, das war vor den Weihnachtsferien. Als es Schlafenszeit war, löschte ich bei den Letzten das Licht im Zimmer und wünschte eine gute Nacht. Einer der Neunjährigen fragte mich, ob ich nach den Ferien da sein werde, wenn er wieder zurück ins Internat kommt. Ich sagte ihm, ich werde natürlich da sein, wie immer, gleich wenn er montags von der Schule ins Internat kommt, findet er mich draußen im Hof beim Spielen. Meine Antwort hat ihn beruhigt und er hat sich zufrieden in sein Bett gekuschelt. Mich hat das sehr berührt zu sehen, dass es ihm ein Gefühl von Sicherheit gegeben hat, wenn nach den Ferien alles so sein wird wie davor.
Du hast während deines Einsatzes zwei Lockdowns in Belgien miterlebt. Wie war die Betreuungssituation im Internat?
Die Schulen haben auf Fernunterricht umgestellt und alle Siebt- bis Zwölftklässler hatten abwechselnd Präsenz- und Online-Unterricht. Die Jugendlichen waren somit auch vormittags im Internat – einige von ihnen auch deshalb, weil sie zu Hause keinen Computer oder die Möglichkeit zu lernen hatten. Ich war dadurch vormittags bei den Größeren zur Betreuung eingeteilt. Ich habe schon sehr deutlich bemerkt, dass die Jugendlichen immer schwieriger zu motivieren waren, je länger sich der Fernunterricht hinzog.
Während des Jahres habt ihr auch sehr viel gefeiert. Welche Feste hast du erlebt?
Direkt nach meiner Ankunft stand der Geburtstag des Internats an, im Dezember feierten wir St.-Nicolas und Weihnachten, im neuen Jahr ging es dann mit Don-Bosco-Fest, Ostern und dem Fest der Dankbarkeit rund. Was alle Feste gemeinsam hatten, war, dass wir uns immer ein großes Spiel überlegten, an dem alle Kinder und Jugendlichen des Internats gemeinsam teilnahmen. Wir waren dabei sehr kreativ und haben unter anderem im „Wer wird Millionär“-Stil ein „Wer will die Kerzen gewinnen“ erfunden, die Berufe Don Boscos erlebbar gemacht und in einer Challenge alle 80 Kinder und Jugendlichen des Internats in Gruppen gleichzeitig gegeneinander antreten lassen.
An solchen besonderen Tagen lag immer eine bestimmte Stimmung in der Luft, die man vielleicht als aufgeregt, freudig und positiv geladen beschreiben könnte. Diese „Ambiance“ zu spüren und zu sehen, wie sich alle mit dem ausgedachten Spiel amüsierten, habe ich immer als sehr schön empfunden.
Vermisst du etwas ganz besonders?
Ich hatte sehr viel Kontakt zu unterschiedlichen Menschen – zu den Kindern meiner Gruppe, zu den Schwestern, den anderen Freiwilligen, den Jugendlichen. Im Moment vermisse ich es am meisten, in diesem Haus zu sein, wo sich vieles bewegt, wo ständig was los ist.